Feature: Musterdesignerin Alice Kammerlander
Gemeinsam mit der talentierten und kreativen Alice Kammerlander starten wir im September eine neue Workshop-Reihe zum Thema Musterdesign. Alice arbeitet als selbstständige Muster- und Textilprintdesignerin für den Heimtextil-, Papeterie- und Modebereich und möchte ihr Wissen in Zukunft gerne weitergeben. Was Musterdesign genau ist, wie Alice dazu gekommen ist und was euch alles bei unseren gemeinsamen Workshops erwartet, verratet euch Alice in unserem kleinen Interview. Viel Spaß beim Nachlesen!
Seit wann beschäftigst du dich mit Musterdesign und wie bist du dazu gekommen?
2005 hab ich mein Studium der Bildenden Kunst (Keramik) an der Universität für Angewandte Kunst abgeschlossen. 2011 habe ich von mir gezeichnete Phantasietere ausgestellt. Ein Besucher hat mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte aus diesen Tieren ein Stoffmuster zu machen. Damals hatte ich von Musterdesign keine Ahnung. Natürlich kannte ich Siebdruck und andere alternative Drucktechniken, aber das es eine eigene Berufssparte, des Musterdesigners gibt, war mir neu.
Nach Recherche im Internet bin ich sehr schnell auf diverse Onlineplattformen und Firmen gestoßen wo man sich einen eigenen Shop kreieren konnte und seine Illustrationen und Muster hochladen kann. Eine meiner größten Hürden war allerdings, dass ich von Photoshop und Illustrator nur sehr wenig bis gar keine Ahnung hatte. ((Diese beiden Programme (es gibt auch andere Programme die bestimmt genauso gut sind) eröffnen einem eine wirklich neue Welt des Musterdesigns. Es gibt unzählige Herangehensweisen und Wege um eine Illustration, ein gemaltes Bild, Photos etc. zu einem Muster zu rapportieren.))
Ich habe außerdem alle Module der Onlineschule „Make it in Design“ (der Engländerin Rachel Taylor) gemacht. 2 Kurse Mats A und Mats B bei „Make art that sells“ (eine amerikanische Agentin, die selbst viele Jahre Illustratorin der New York Times war). Es ist zwar mit einer Präsenzschulung nicht zu vergleichen, aber für meine Lebensumstände, mit kleinen Kindern und beschränkter „freier“ Zeit, war es ideal. Außerdem habe ich das Glück, dass mich mein Mann sehr unterstützt und an mich glaubt! Ohne ihn wäre das natürlich nicht gegangen. Heute kann ich sagen, dass ich technisch soweit bin, dass die Muster, die ich gerne designe, auch so aussehen, wie ich mir das vorstelle.
Was kann man sich unter Musterdesign genau vorstellen?
Musterdesign findet man in den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen. Die gängigsten sind jedoch im Fashion-, Innenausstattung- (Homedecor) und Papeteriebereich. Meine Herangehensweise ist entweder durch einen freien Entwurf per Hand, mit dem Ipad oder direkt am Computer in Photoshop oder Illustrator.
Kannst du dich noch an dein erstes Design erinnern?
Mein erstes Design war eine Phantasieblume, die ich einfach auf „Spoonflower“ hochgeladen habe und mit Ihrem Proporzsystem rapportiert habe. Ich war damals total aufgeregt und hab mir auch gleich Stoffmuster bestellt um dann festzustellen, dass man natürlich die Schnittkanten vom Papier gesehen hat etc. Aber: Learning by doing :)
An welchen Projekten arbeitest du gerade?
Momentan arbeite ich an meiner Onlinepräsenz und an meinem Businessplan für mein Online-Designstudio. Mein Ziel ist es, eines Tages bei diversen internationalen Messen auszustellen. Natürlich habe ich immer ein oder mehrere Designs am Tisch liegen, an denen ich herumtüftle. Außerdem bin ich auf der Onlineplattform „Pattern Design“ vertreten, die ich jetzt wieder häufiger mit neuen Arbeiten befülle.
Was macht dir an deiner Arbeit besonders viel Spaß?
An meiner Arbeit macht mir eigentlich alles Spaß, vor allem wenn ich sehe, dass ich mich weiterentwickle, an meinem persönlichen Stil arbeite und neue spannende Techniken entdecke.
Gibt es ein Projekt, auf das du besonders stolz bist?
Besonders stolz bin ich darauf, dass ich meinen inneren Schweinehund überwunden und mir Photoshop und Illustrator beigebracht habe, um damit jetzt professionell arbeiten zu können. In meiner Studienzeit und auch noch danach war ich so jemand, der gerade mal ein Email schreiben konnte. (wozu braucht man als Künstlerin einen Computer. ;)
Als Musterdesignerin muss man eigentlich immer neue Ideen haben und kreativ sein – woher nimmst du deine Inspiration?
Wenn ich so nachdenke, sind meine Designs meist auf die Natur bezogen. Ich liebe einfach die Farben und Formen, die die Welt, und im speziellen die freie Natur, zu bieten hat. Sei es ein Spaziergang übers Feld oder in den Bergen, am Strand oder auch meine große Leidenschaft fürs Kochen. Blumen, Früchte, Gemüse, Kräuter. Auch ein Stadtspaziergang ist voller Inspiration: Ein Photo vom Zebrastreifen, eine „kaputte“ Hausmauer, Graffiti am Naschmarkt, ein Nachmittag am Spielplatz, ein Spaziergang mit dem Hund. Ehrlich gesagt geht mir die Inspiration nie aus. Spannend finde ich es auch, mich nach bestimmten Trends zu richten. Vor allem wenn ich mein Portfolio bestimmten Firmen zeigen möchte oder mir Inspiration für eine neue Kollektion oder eine interessante Farbkombination suche.
Wie sieht ein ganz normaler Arbeitsalltag bei dir aus?
Als erstes checke ich meine Emails um zu sehen, ob sich meine Blindbewerbungen ausgezahlt haben. Dann setze ich mich entweder an eine Arbeit, an der ich am Vortag gearbeitet habe, oder ich fange ein neues Projekt an. Im Moment zwinge ich mich allerdings dazu, nicht zu viele neue Sachen zu machen und die fertigen Designs zu einem Portfolio zusammen zu stellen. Das ist eher ein abarbeiten: Mockups, Präsentation, kurzer Text zu den jeweiligen Designs etc., das Recherchieren von Firmen, die ich anschreiben möchte usw. Einen Tag in der Woche nehme ich mir jedoch, um frei und ohne Computer zu arbeiten. Das bringt frische kreative Energie, da das Arbeiten am Computer manchmal ziemlich ermüdend sein kann. Zwischendurch gehe ich immer wiedermal mit dem Hund raus, das tut uns beiden gut.
Musterdesign ist ziemlich komplex und aufwendig. Wie sieht der Entstehungsprozesses eines Produktes ganz grob bei dir aus?
Entweder ich habe eine Zeichnung, oder ich finde online einen spannenden Trend, dann fange ich erst einmal an zu doodlen/skizzieren. Wenn ich genug Arbeitsmaterial habe, scanne ich alles ein und überlege mir ein Layout. Meistens beginne ich in Photoshop meine Scans nachzubearbeiten. Das Muster erstelle ich dann entweder in Photoshop oder Illustrator, je nachdem welchen Stil ich mir für das Design vorstelle. Mir persönlich liegt Photoshop mehr, weil es irgendwie haptischer ist (vielleicht liegt es daran, dass ich sehr lange 3-dimensional gearbeitet habe), Illustrator ist ein Vektorprogramm und daher wirken die Designs eher flach. Aber es ist für das Musterdesign unumgänglich das Programm zu beherrschen, da man in einer Kollektion oder auch in einem Design beide Stile super miteinander verbinden kann. Zum Beispiel zeichne ich eine Blume in Illustrator und erstelle mir eine interessante Textur in Photoshop, die ich dann in Illustrator entweder zu einem Stempel umwandeln kann, oder die Blume mit der Textur füllen kann und so weiter.
Du arbeitest auch gemeinsam mit einer Kollegin an einer Website für Interessierte. Erzähle doch ein bisschen davon!
Eugenie Hadinoto von www.geometria.design (Grafikdesignerin und Lektorin an der Spengergasse, wo sie Musterdesign unterrichtet) habe ich vor ein paar Monaten kennengelernt. Die Liebe zum Musterdesign ist für uns beide Motivation, um Musterdesign in Österreich bekannter zu machen. Wir haben einiges in Planung, allerdings sind wir momentan mit unseren jeweiligen Jobs und Lebensumständen noch nicht so weit, um darüber schon konkret reden zu können.
Ab September starten wir gemeinsam mit ersten Workshops – was erwartet die Teilnehmer?
Während des Musterdesign-Workshops am 16. September werden wir gemeinsam ein händisch rapportiertes Muster erarbeiten, das die Teilnehmer dann in einem Folgeworkshop bearbeiten können, um entweder Geschenkpapier oder einen Stoff mit ihrem Muster bedrucken zu lassen. Wir werden verschiedene Techniken (Drucken mit Schwämmen, Blumen, Gemüse etc., Malen und Zeichnen mit Aquarellfarben, Gouache, Tinte und Bleistift) anwenden, um interessante und neue Muster entstehen zu lassen.
Ich freue mich besonders auf diesen Workshop, weil ich es genial fände, wenn sich die Musterdesign-Szene in Österreich weiterentwickelt und ich glaube, dass ich mit Workshops und meinem mittlerweile recht umfangreichen technischen Wissen dazu beitragen kann.
Wir freuen uns auch schon sehr! Danke für deine Zeit, Alice!
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Das Interview führte Petra Gschwendtner. Alle Fotos von Alice Kammerlander, vorletztes Foto we love handmade.